TAG
Dass aus der Ego-Perspektive deutlich mehr geht als nur Blut und Morde hat schon Valve eindrucksvoll mit Portal gezeigt. Sieben Studenten vom DigiPen Institute of Technology haben mit Tag mehr Farbe in das Genre der First-Person Puzzlespiele gebracht – und zwar wortwörtlich.
Wenn im folgenden Artikel häufiger vom Valve Titel die Rede ist, dann ist das sicherlich kein Zufall. Denn der Indie-Titel macht mindestens genauso viel Spaß wie sein großer Bruder mit den Portalen. Tag basiert auf einem relativ simplen Prinzip: Der Spieler bekommt im Laufe des Spiels drei Farben mit spezieller Wirkung, die er mit einer Art Portalgun für Graffiti-Sprayer überall in der minimalistischen, von Weiß- und Grautönen dominierte Umgebung verteilen und bei Bedarf auch wieder wegradieren kann: Grüne Flächen lassen die Spielfigur übermenschliche Sprünge machen. Sobald man mit Rot in Berührung kommt rennt man schneller als Usain Bolt und Blau lässt einen sämtlichen Gesetzen der Gravitation entweichen und so meterhohe Wände erklimmen.
Indem sie diese Elemente in einem intelligenten Leveldesign durchdacht miteinander verbinden, haben es die Indie-Entwickler geschafft einen äußerst abwechslungsreichen Spielfluss zu schaffen. So muss man etwa erst durch Rotes „Gel“ beschleunigen und mit Grün den Schwung in einen weiten Sprung umwandeln, nur um sich darauf an einer zuvor mit Blau präparierten Wand hochzuarbeiten. Oder man springt im Stile eines Prince of Persia oder Tomb Raider von einer grünen Fläche zur anderen. So ergeben sich Einlagen, die sich angenehm wie eine Mischung aus Portal und Mirror’s Edge spielen. Dabei plagt Tag aber auch eine schon aus letzterem Spiel bekanntes Problem: Manche Rätsel verkommen leider zu schnell zu einem einzigen Trial-and Error Gehüpfe. Schön ist das zwar nicht, aber da es nur selten zu solchen Situationen kommt, kann man getrost darüber hinweg sehen. Insgesamt ist Tag balancetechnisch grundsätzlich ausgewogen. Die Lernkurve steigt zwar relativ schnell an (Nach vier Leveln muss man mit allen Farben zu Recht kommen), unfair oder gar unmöglich ist das Spiel aber trotz seines im Endspiel fordernden Schwierigkeitsgrades nie.
Eines fehlt Tag dennoch komplett: Eine Story. Die insgesamt neun Level, die sich von erfahrenen Spielern in etwa 20-30 Minuten meistern lassen, werden ohne jeglichen Zusammenhang hintereinander abgespult. So gibt es in Tag kaum richtige Adrenalinmomente, wie etwa in Portal. Die völlige Abwesenheit einer Geschichte tun dem fantastischen Gameplay allerdings genauso wenig wie die sehr zugegeben doch sehr bemessen Spielzeit und die sonstigen Macken keinen Abbruch.
Und eins muss man bei Tag immer im Hinterkopf behalten: Das Spiel wurde von ein paar engagierten Studenten entwickelt, nicht von einem großen Entwicklerteam und –das mag das wichtigste sein: Das Programm ist kostenlos. Umsonst ist das Spielen allerdings auf keinen Fall, denn jeder mit einem einem guten Spielegeschmack bekommt hier ein kurzweiliges Spielerlebnis. Auch die Entwicklung des Spiels war für die jungen Entwickler durchaus nicht umsonst. Sie arbeiten jetzt bei Valve am zweiten Teil von Portal mit. Dort gibt es übrigens auch „magisches“ Schleimgel – Was für ein Déjà-vu.
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